Tag 08 – Die Flucht nach vorne

Port de la Selva – Marina Badalona ca. 88 SM

Adios neue Liebe
Wir starten pünktlich um 06:30 Uhr.
Ein traumhafter Morgen empfängt uns.

Auch heute ist das Meer rau und wild, die Dünung kaum weniger, nur der Wind ist schwächer – Windguru hat sehr präzise Angaben gemacht. Die App ist inzwischen zu Cid’s Bibel geworden, sie wird mehrfach am Tag befragt und zeigt, wann, wo der Wind, sich wie entwickelt. Tiefes rot willst Du nicht erleben, bereits grün hat es in sich, am allerbesten ist weiß bis lila, dann verspricht die See sich ruhig zu verhalten.

Es ist jeden Tag von neuem eine Herausforderung, sich den Weg durchs Meer zu bahnen. Es will immer wieder neu gelesen, befahren, geritten, gesurft und auch irgendwie bezwungen werden. Kein Wellengang gleicht dem anderen, die Naturgewalt hat das Kommando und Du bist ein kleiner Wicht, der im Grunde nicht einmal geduldet ist, da zu nichtig und für’s Meer gar nicht spürbar. Ob Du untergehst oder nicht, das ist dem Meer egal, es ist so riesig, eine Einheit von unmenschlicher Größe und Weite.

Von Port de Selva bis zur Höhe von Girona ist es wieder turbulent und fordert das Können des Käpt’ns. Und, wieder denkst Du, och nö, könnte doch auch mal ein bisschen ruhiger sein. Marlon und ich müssen ständig darauf achten, uns gut zu verspannen, um nicht wie kleine Dilledops übers Boot zu kullern, das tut mit der Zeit ganz schön weh, irgendwo drückst Du Dich an die Bordkante mit dem Rücken, den Eingeweiden, den Knien und immer wieder schlägst Du dagegen, egal wie gut Du Dich festhältst oder den Schlag voraus zu sehen suchst. Überall blaue Flecken und aufgeschürfte Stellen. Durchs Hochholen der Mooring sind die Hände aufgeschürft, die Muschelkanten sind Rasiermesser scharf. Wir brauchen Handschuhe – unbedingt. Der Verbrauch des menschlichen Materials nimmt zu, könnte aber schlimmer sein.

Der Gang zur Toilette ist eine Herausforderung, nur nicht den Kopf anschlagen oder umfallen. Wir laufen demnächst wie Seebären – breitbeinig und immer leicht schwankend nach vorne gerichtet, um uns mit den Händen schnell irgendwo abstützen zu können.

Endlich lässt das Meer ein wenig ab und Cid sich ablösen. Er wollte heute schnell weit kommen, um uns vor der nächsten, uns nacheilenden Wetterfront in Sicherheit zu bringen. Marlon schläft auf dem Boden. Die Dünung ist deutlich gemächlicher, die Oberfläche des Wassers fast gebunden, so lässt es sich relaxt rauf und runter surfen, ein wenig Ruhe genießen und Luft holen.

So lange Du das Gefühl hast irgendwo ist noch der Wind, der Sturm, bist Du wie ein Getriebener, der flüchtet oder nur hindurch kommen will und zwar so schnell wie möglich. Unser Abenteuer vor Hyères hat uns sensibilisiert.

Badalona in Sicht – schön ist anders, aber es ist der nächste Hafen zu Barcelona und die Barcelonesen machen gleich um die Ecke
an den langen Stränden Wochenend- und Badeurlaub.

Bereits um 13:05 Uhr liegen wir sicher im Hafen von Badalona und davon hat die Anmeldung in der Kapitaneria sogar noch eine Stunde aufgefressen. Das lief in den bisherigen Häfen viel unkomplizierter – gut, dass wir die Reservierung ausgedruckt dabei haben. Es heißt ja auch die Spanier sind, was die Verwaltung und den Papierkram betrifft, die Deutschen des Südens.

Jetzt essen wir uns erst mal richtig satt, es gibt noch ein zweites Käffchen, uns geht es richtig gut!

Und, dann noch ein kleines Nickerchen oder auf der Sonnenliege bräunen – so muss das sein ;-).